Dass Jesu Vater Joseph aus dem Hause David stammte, das wissen viele aus der Weihnachtsgeschichte. Dass aber Maria nicht nur Jungfrau war, sondern auch aus dem ehrwürdigen Priestergeschlecht des Mosebruders Aaron stammte, ist weniger bekannt. Muslim*innen kennen ihre Herkunft aufgrund der Sure 3, die Jesu Abstammung gewidmet ist. Bei den Christ*innen, ja selbst den Katholik*innen ist der doppelte Adel Jesu gegenüber Marias Unbeflecktheit in den Hintergrund geraten. Jesus wuchs damit nicht nur in dem Haus eines anerkannten Bauunternehmers (ein Zimmermann war damals wer!) auf, sondern es schwebten quasi, wie sonst kaum in antiken Nazareth, tausend Jahre Judentum durch die Räume der heiligen Familie.
Während Maria im Matthäus-Evangelium ihren Sohn Jesus noch davor bewahren will, sich um Kopf und Kragen zu reden, indem sie ihn für verrückt erklärt, stachelt sie bei Lukas den Heiland geradezu zum Zaubern an. Nach einigem Zögern verwandelt Jesus Wasser in Wein. Lukas erzählt dann auch die Vorgeschichte des Geschlechtes anhand eines Besuches von Maria bei ihrer Cousine Elisabeth, gefeiert als „Maria Heimsuchung“. Sie kommt in den beiden älteren Evangelien von Markus und Matthäus schlicht nicht vor. Mit dieser Erzählung war Maria neben Jesus als wichtigste christliche Ikone gesetzt.
So war es nur konsequent, dass eine Gruppe von Künstler*innen unter der Führung von Samuel Wiesemann diesen Sommer vom 16. Juli 2021 bis 15. August 2021 (Maria Himmelfahrt), die Gottesmutter als Motiv wählten, um die Möglichkeit aktueller sakraler Kunst zu testen. Durch die Vermittlung unseres Vorstandsmitgliedes Stefan Höppe fand sich ausgerechnet eine evangelische Kirche als Ort für dieses Experiment: Die nur noch wenig genutzte Stephanuskirche in der Prinzenallee 39/40, die seit einiger Zeit Nutzungen über den Gottesdienst hinaus sucht. Wir danken noch einmal der Gemeinde an der Panke für diese Unterstützung.
Stefan Höppe hat im Rahmenprogramm umfängliche Musikdarbietungen aus dem Bereich der klassischen und sakralen Musik organisiert. Leider sind die Darbietungen nur unzureichend dokumentiert. Wir könnten hier nur die Werke und Interpreten nennen, was aber in diesem Block schon in einem Ankündigungsartikel geschah („Upgrading Maria 2021“: Ein Sommerereignis besonderer Art, weiter unten mit gleichem Schmuckbild).
Mitgeschnitten und bearbeitet wurde jedoch das Interreligiöse Gespräch zum Thema, das vierte seiner Art. Zusammengebracht haben Rebea Malik vom Interkulturellen Zentrum für Dialog und Bildung (IZDB) und Thomas Kilian von unserem Soldiner Kiez e.V. Vertreter*innen des Judentums, des Islam und des evangelischen und katholischen Christentums. Dabei haben sie das Thema etwas ausgeweitet: Sie fragten nach „Weiblichen Vorbildern in den abrahamischen Religionen“. Mit Maria erlaubten sie sich denn dann doch noch ein kleines Spiel: Christinnen und Musliminnen sollten beschreiben was für eine Frau Maria wohl heute wäre? Reinhart Liam Rickertsen von der Synagogengemeinde Berlin Sukkat Schalom schilderte seine Lieblingsfrau aus der jüdischen Religion. Die Antworten hat unser Kiezreporter Matthias von Hoff aufgezeichnet. Der Film findet sich sich in seinem YouTube-Kanal. (Autor: Thomas Kilian)