Die Kirche im Dorf
Die Stephanuskirche mit ihrem fast 80 m hohen Kirchturm ist das Wahrzeichen des Soldiner Kiezes und sozusagen die „Kirche im Dorf“.

1904 wurde das Bauwerk im Stil der Neo-Gotik fertiggestellt und geweiht. Damit entstand im Arbeiterviertel des heutigen Soldiner Kiezes die neue Kirchengemeinde Stephanus. Denn die Schinkel-Kirche St. Paul in der Badstraße war für die wachsende Bevölkerung im Gesundbrunnen zu klein geworden.
Das Bauwerk steht unter Denkmalschutz.
Eine Beschreibung der Kirche aus Sicht des Denkmalschutzes findet sich hier.
Die Stephanuskirche hat den Zweiten Weltkrieg erstaunlich gut überlebt. Sie ist eine der wenigen Gründerzeitkirchen Berlins, deren Innenausstattung fast vollständig erhalten ist!
Neben der einzigartigen Orgel und dem größtem Radleuchter Deutschlands sind besonders das historisch wertvolle Bildprogramm und die Pflanzenmotive bemerkenswert.

Die Fotos zeigen neben dem Radleuchter Pflanzenreliefs und den Vorreformator Petrus Waldus. Der ließ um 1200 die Bibel in die Volkssprache übersetzen und gründete eine Untergrundkirche. Sie hatte bis zur Reformation Bestand.

Eine erstmals ausführliche Aufarbeitung dieses Bildprogramms und der Pflanzenmotive findet sich in der Ausstellung „120 Jahre Stephanuskirche“ von 2024, eine Zusammenarbeit der Initiative Denkmal Stephanuskirche und dem Soldiner Kiez e.V.
Die dazugehörige(n) pdf-Datei(en) werden wir in Bälde hier einstellen.
Wer jetzt schon nähere Informationen zum Inneren der Kirche haben möchte, guckt hier.
Ein Artikel über diese Ausstellung findet sich hier.
Die Stephanus-Kirchengemeinde blieb von der Nachkriegszeit bis zur Jahrtausendwende lebendig. Doch dann wurde sie aus Kostengründen mit der Kirchengemeinde von St. Paul zur Kirchengemeinde an der Panke zusammengelegt. Die Stephanuskirche geriet in dieser neuen Kirchengemeinde immer mehr ins Abseits, da St. Paul als Hauptkirche behandelt wurde.
Jahrzehntelang ist die Stephanuskirche nicht grundlegend renoviert worden, was erhebliche Bauschäden nach sich gezogen hat. Die Sanierung von Dach und Außenhülle ist inzwischen dringend notwendig, um das Bauwerk vor dem Verfall zu schützen!
Die Nutzung der Stephanuskirche
Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde die Stephanuskirche verschiedentlich an afrikanische Pfingstkirchengemeinden vermietet. Doch das war nie von Dauer.
Versuche, das Gebäude zu kulturellen Zwecken zu nutzen, scheiterten entweder an unfähigen Betreibern wie Prof. Klaus-Dieter Müller mit seiner „Medienkirche“ oder am Gemeindekirchenrat.
Dieser hatte den Vertrag der Theologin Claudia Niemann für eine Kulturkirche nicht mehr verlängert und auch später die ehrenamtliche Kulturarbeit des Freundeskreises Stephanus wieder abgewürgt. Der Standort wurde zum Januar 2025 geschlossen, obwohl der Beginn der Sanierungsarbeiten noch lange nicht in Sicht ist. Denn die Finanzierung dafür ist immer noch nicht gesichert.
Dabei hat die Kirchengemeinde selbst keine Vision, keine Ideen und kein Konzept, wie die Kirche zukünftig genutzt werden soll. Sie hofft immer noch auf einen Träger, der ihr die zukünftigen Betriebs- und Instandhaltungskosten inklusive der ebenfalls nötigen Sanierung des Innenraums abnehmen soll.
Die Kirchengemeinde hat in all den Jahren kein einziges Mal die Anwohner:innen und selbst die Mitglieder der Kirchengemeinde wirklich über die Pläne für eine neue Nutzung des Gebäudes informiert, geschweige denn ein öffentliches Beteiligungsverfahren dazu eingeleitet.
Der Soldiner Kiez e.V. hatte wiederholt gefordert, die Bevölkerung in die Planung einzubeziehen.
Wie wir uns bisher für die Stephanuskirche engagiert haben
Wir vom Soldiner Kiez e.V. beobachten seit Jahrzehnten mit großer Sorge den immer nachlässiger gewordenen Umgang der Kirchengemeinde mit diesem denkmalgeschützten Bauwerk am Standort Soldiner Kiez. Doch dabei blieb es nicht.
Seit 2018 führte Diana Schaal am Tag des offenen Denkmals Kirchenführungen durch.
Wir haben als Verein im Rahmen des Freundeskreises Stephanus die Kunstausstellungen von Samuel Wiesemann 2021 „Upgrading Maria 2021“, 2022 „Psalm 23“, und 2023 „Das Hohe Lied der Liebe“ mit Hilfe beim Fundraising, begleitendem Musik- und Tanzvorführungsprogramm, Themen-Vorträgen und Öffentlichkeitsarbeit unterstützt.
Wir waren von Anfang an Bestandteil des Freundeskreises Stephanus.
2023 haben wir außerdem das Zwingli-Wurstessen – ein Reformatorisches Mahl mit live Renaissance-Musik – im Wichernsaal durchgeführt, sowie 2024 zusammen mit der Initiative Denkmal Stephanuskirche die Ausstellung zum 120-jährigen Bestehen der Kirche.
Seit 2021 sind wir außerdem im Vorstand des Kirchbauvereins Stephanus vertreten.
In diesem Rahmen haben wir eine Spendenaktion für die Dachsanierung durchgeführt, die inzwischen über 3000 Euro eingebracht hat.
Was wir uns für eine zukünftige Nutzung
der Stephanuskirche wünschen
Wir setzen uns dafür ein, dass die Stephanuskirche erhalten und den Anwohner:innen des Soldiner Kiezes auch weiterhin niedrigschwellig zugänglich bleibt – und das nicht nur am Tag des offenen Denkmals!
Die Anwohner:innen sollen die besondere Atmosphäre dieser Kirche erleben und sich z.B. durch Kirchenführungen über ihre Geschichte und Kultur informieren können.

Die Stephanuskirche soll darüber hinaus für die Bewohner:innen des Soldiner Kiezes auch einen Mehrwert als gelegentlicher Versammlungs- und kultureller Veranstaltungsort zu günstigen Konditionen bieten.
Denn entsprechende Räumlichkeiten im Kiez sind aufgrund des steigenden wirtschaftlichen Verwertungsdrucks auf die wenigen vorhandenen Räume immer schwieriger zu bekommen.
Eine lebendige Zivilgesellschaft braucht jedoch Räumlichkeiten, in denen Menschen sich versammeln können, ohne dass so ein Unterfangen für die Organisator:innen wegen hoher Raummieten zum finanziellen Risiko wird!
Auch im Soldiner Kiez werden die Menschen immer älter.
Und im Alter ist man dankbar, wenn man Kulturveranstaltungen wie ein Konzert oder eine Lesung fußläufig in der Nachbarschaft erreichen kann.
Diana Schaal (2025)