20 Jahre Soldiner Kiez e.V.: Ein Bild von einem Verein?

Feierstimmung beim Sommerfest 2010. Foto: Michael Becker

Der deutsche Verein hat nicht nur einen Vereinszweck – in unserem Falle „Kultur und Bildung“, – der deutsche Verein feiert auch gern, am liebsten sich selbst. Der Soldiner Kiez e.V. wird sich diesem Brauch zur 20. Wiederkehr seiner Gründung würdig anschließen. Am Montag, den 20.Juni 2022, steigt in der Kulthalle der Genossenschaft Prinzenallee 58 eine Fete. Wir haben schon 120 Leute auf der Einladungsliste. Mal schauen, wer kommt, und wie wir die alle unterbringen. Aber wenn Sie dazu kommen wollen, lassen Sie sich nicht abhalten. Wenn es ganz eng wird, ist es höflich, eine Maske zu tragen.

Es sind drei Programmpunkte geplant. Nach der Eröffnung um 18.00 Uhr gibt es zunächst einen „Talk im Kiez“ zum Thema „Die Zukunft des Soldiner Kiezes“. An der Glaskugel sitzt unter anderem Oliver Tautorat, der Chefkomiker vom Prime Time Theater. Er hat das neue Weddinger Volkstheater Ende 2003 in der Freienwalder Straße, hier bei uns im Soldiner Kiez, mit aus der Taufe gehoben. Das ernste Fach vertritt der Baustadtrat von Mitte, Ephraim Gothe. Mit seiner Straßenköterkomptenz ergänzt Vorstandskollege Thomas Brauckmann vom Kiezverein die beiden zum Kleeblatt. Thomas Kilian als Vorstandskollege für allerlei Gelegenheiten moderiert. Nach einer guten Stunde und einer kurzen Pause hält etwa ab 19.30 Uhr Vorstandskollegin und Kiezhistorikerin Diana Schaal einen halbstündigen Lichtbildvortrag über die wesentlichen Gesichter in 20 Jahren Vereinsgeschichte. Ab 20.00 Uhr gehen wir bei angenehmer Musik zum geselligen Teil des Abends über. Es gibt ein kaltes Buffet, das die Vereinsmitglieder anrichten, und einen Schluck zu trinken. Durch das Programm führt der Kulturchef vom Soldiner Kiez e.V., Stefan Höppe.

Der Kiezverein wurde am 18. Juni 2002 ein wenig pflichtschuldig aus dem Umfeld des Quartiersmanagements heraus gegründet. In den Anfangsjahren trafen sich Sozialarbeiter:innen und Bürger:innen in der Soldiner Straße 43. Der ehemalige Laden ist heute in eine Wohnung umgebaut. Diese Umnutzung selbst von Erdgeschosswohnungen direkt an der Straße kommt im Kiez jetzt gelegentlich vor und verweist auf den engen Wohnungsmarkt. Mit der Zeit bestimmten die Anwohner:innen das Geschehen, und die Sozialarbeiter:innen zogen sich zurück. Dieser Wandel vollzog sich insbesondere mit dem Quartiersmanagement nicht immer ganz konfliktlos, aber es entstanden auf keiner Seite dauerhafte Verletzungen.

Von 2006 bis 2010 betrieb der Verein mit seinem FORUM Soldiner Kiez in der Wohnanlage des Vaterländischen Bauvereins hinter der Stephanus-Kirche ein kleines Kulturzentrum. Theater, Lesungen, Feste, Diskussionen und ein Tanztee gehörten zum Programm. Das war anstrengend und arbeitsreich für die Ehrenamtlichen. Es war aber auch ein ganz hervorragendes Teambuilding, das den Kern des Vereins zusammen schweißte. Gleichzeitig lernten die Aktiven von ihrem festen Stützpunkt aus auch immer mehr über die anderen Akteure im Kiez. Damals entstand jenes „Soziale Kapital“, das den Verein noch heute trägt.

Spiel und Spaß rund um das FORUM Soldiner Kiez. Foto: Michael Becker

Es ermöglicht, mit relativ wenig Geld viel Verein auf die Beine zu stellen. Von daher hat sich diese Episode und das investierte öffentliche Geld nicht nur für den Verein, sondern auch für den Kiez langfristig gelohnt. Wenn wir heute etwa Projekte wie das Urban Gardening der „Wilden 17“ in der Böttgerstraße als eine Arbeitsgruppe unseres Vereins unterstützen, tun wir das weniger, weil wir unseren grünen Daumen entdeckt hätten, und auch nicht allein, weil es dort ein Kulturprogramm gibt, sondern nicht zuletzt, weil wir aus eigener Erfahrung das Wachstum sympathischer Gemeinschaften schätzen.

Im Anschluss begaben wir uns fünf Jahre auf Wanderschaft. Tagten mal hier, mal da und lernten so noch einige freundliche Projekte besser kennen. Schließlich entschieden wir, dass zumindest unser monatliches Treffen, das wir „Kiezpalaver“ nennen, einen festen Anlaufpunkt haben sollte. Seither treffen wir uns jeden zweiten Mittwoch im Monat um 19.00 Uhr im Hotel Big Mama. Die inhaltlichen Runden bei unseren Gastgeber:innen haben wir in ein Interviewformat namens „Talk im Kiez“ ausgelagert, das vom Soldiner Kiez Kurier oft aufgezeichnet wurde. Die Links zu den Videos finden Sie hier auf der Website unter „Projekte“. Auch das Gespräch zur Zukunft des Kiezes soll mitgeschnitten werden und ist dann auf der angegebenen Link-Liste zu finden. Daneben hat Diana Schaal mit ihren „Schönen Kiezmomenten“ einen ansehnlichen Schwerpunkt mit Lesungen, Lichtbildvorträgen und Führungen nicht nur mit Kiezbezug aufgebaut.

Als Lobby für den Kiez wuseln wir insbesondere mit der Bezirkspolitik ein bisschen durch die Gegend. Das Wundern unsererseits und das Verwundern der anderen hält sich dabei die Waage, aber wir erreichen mittlerweile die gewünschten Ohren. Die Herzen zu bewegen, ist allerdings schwerer. Aber wir halten es in allen Dingen so ähnlich wie Captain Kirk von der alten Enterprise: Wenn die Lage hoffnungslos ist, fängt der Spaß erst so richtig an. Niemand dreht voll auf, wenn er:sie nicht gelegentlich die eigene Komfortzone verlässt. Und wenn wir uns dann die entsprechenden Helden- und Narrengeschichten erzählen können, ist das Feiern noch mal so schön.

(Autor: Thomas Kilian)

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