Prozess gegen Milieuschutz: Urteil pro Koloniestraße 10

Das hohe Gericht tagt in hohen Räumen und spricht dort ein erhabenes Urteil. Foto: Witten

„*Der Investor, der auf einem Grundstück in der Koloniestraße 10 bauen wollte, scheiterte mit seinen Einwänden.
*Das Gericht sah weder formelle noch materielle Fehler in der Verordnung.
*Die Verordnung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung bleibt in Kraft.
*Ein Genehmigungs-vorbehalt für den Abriss von Gebäuden in dem betroffenen Gebiet wird bestätigt.“
Eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht wird ausgeschlossen.
Nun ist der Bauherr von Campus Viva also höchstrichterlich mit seinem Vorhaben gescheitert!

Soziale Situation

Nicht nur die Bewohner*innen der Koloniestraße 10 können vorerst aufatmen.
Milieuschutz dient dem Schutz bezahlbarer Wohnungen in Altbaubeständen für eine Bevölkerung mit sehr geringem Einkommen. Im Milieuschutzgebiet Reinickendorfer Straße leben rund 13.000 Menschen. (S.9. Milieuschutzstudie STERN GmbH, 2018). Darunter 65,9 Prozent Bewohner*innen mit Migrationshintergrund und 15 Prozent Kinder unter 18 Jahre. Sie leben in rund 6.600 Wohnungen. Dreiviertel der Wohnungen sind Altbau, vor 1949 entstanden. Zwei Drittel der Wohnungen haben eine einfache Ausstattung.

Was würde ohne Milieuschutz passieren?

Die Altbaubestände würden luxusmodernisiert, und das Miet- und Preisniveau würde enorm steigen. Es würde eine massive Veränderung der Bevölkerungsstruktur geben. Dreiviertel der Bevölkerung wäre ohne Milieuschutz verdrängungsgefährdet, darunter besonders diejenigen, die unter prekären Verhältnissen leben und Transferleistungen erhalten. Dies sind im Milieuschutzgebiet Reinickendorfer Straße 50 Prozent der Bevölkerung. Sie könnten sich ihre Wohnungen im Kiez bald nicht mehr leisten.

Signalwirkung für Milieuschutz
Der Ausgang des Prozesses hat Signalwirkung. In Berlin gibt es 78 Milieuschutzgebiete, in denen 1,2 Millionen Bewohner*innen leben. „Das Urteil unterstreicht die Bedeutung des Milieuschutzes als Instrument zur Steuerung der Stadtentwicklung und zum Schutz gewachsener sozialer Strukturen in Zeiten zunehmenden Gentrifizierungsdrucks in Großstädten. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass der Bezirk Berlin-Mitte weiterhin die Möglichkeit hat, Bauvorhaben zu kontrollieren und gegebenenfalls einzuschränken, um die bestehende Bevölkerungsstruktur zu schützen.“ (OVG-Urteil)
Die Bewohner*innen der Koloniestraße10 können kurz durchatmen. Erneut ist der Investor von Campus Viva mit einem ganz besonders asozialen Einschüchterungsversuch gescheitert. Und das Abrissverbot für die Kolonie10 hat Bestand.

Biodiversitäts-Hotspot erhalten!
Aber die Auseinandersetzungen gehen weiter. Als nächstes gilt es, die Verfahren zur Ausnahme vom Artenschutz und vom Sommerrodungsverbot zugunsten des Kulturhofs Kolonie10 sowie seiner gesetzlich geschützten Vögel und Fledermäuse erfolgreich durchzustehen. Da legen die Naturfreunde Berlin und die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft für Naturschutz (BLN) ihr Gewicht in die Waagschale.
Ein langer Atem ist gefragt.

Elfi Witten, Prinzenallee 58, Unterstützerkreis Kulturhof Koloniestr.10, Weitere Infos unter: www.kolonie10.de

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