3. interreligiöses Gespräch: „Autorität und Gehorsam“ gegenüber Gott – und unter den Menschen

Michael Glatter, Thomas Kilian und Dr. Khalid el-Saddiq (v.r.n.l.) beim Gespräch. Im Hintergrund rechts: der Sprachmittler. Foto: Tragl

Das 3. interreligiöse Gespräch am 4. November 2019 und das dazugehörige Philosophische Café am 10. Oktober 2019 beschäftigten sich mit „Autorität und Gehorsam“. Im Einleitungsvortrag zum Philosophischen Café stellte Thomas Kilian ein Konzept vor, nach dem es vier Gründe für Gehorsam und die Anerkennung von Autoritäten gebe: Die Möglichkeit zu belohnen oder zu bestrafen, überlegenes Wissen oder die Präsentation attraktiver Werte und Ziele.

In der Diskussion beim Philosophischen Café stellte sich die Frage nach dem Verlust der Glaubwürdigkeit von intellektuellen Kenntnissen, aber auch der mangelnden Bindung an gewisse Werte. Das Gespräch unter den knapp 10 Anwesenden wurde dann angesichts der jüngeren Wahlergebnisse in Sachsen und Brandenburg auch tagespolitisch.

Beim interreligiösen Gespräch ging es um Autorität und Gehorsam in der Beziehung Gott – Mensch, gegenüber den heiligen Schriften und unter den Menschen. Pfarrer Michael Glatter von der Gemeinde Heiligensee, bis vor 4 Jahren im Soldiner Kiez und in der Gemeinde an der Panke, und Imam Dr. Khaled El-Seddiq vom Interkulturellen Zentrum für Dialog und Bildung (Moschee und Kulturzentrum im Kiez) beriefen sich bei der Autorität Gottes über den Menschen beide auf dessen Fürsorge für den Menschen. Er meine es, gleich den Eltern eines Kindes, einfach gut mit ihm/ihr.

Die Autorität von Bibel und Koran sahen sie in zeitlosen Weisungen. Pfarrer Glatter betonte vor allem die Konstanten des Menschseins. Imam El-Seddiq arbeitete eher die Unterscheidung zwischen zeitlosen Regeln heraus und solchen, die sich mit der Gesellschaft verändern. Moderator Thomas Kilian brachte an dieser Stelle den Talmud ins Gespräch, der bis ins 18. Jahrhundert fortgeschrieben wurde. Die beiden Geistlichen betonten demgegenüber die Abgeschlossenheit ihrer Offenbarung. Ursprünglich war neben ihnen auch ein*e jüdische/r Vertreter*in eingeladen. Allerdings erhalten die wenigen jüdischen Gemeinden in Berlin viele solche Anfragen und können nicht alle erfüllen. Eine Theologin und Religionswissenschaftlerin aus dem Wedding hatte kurzfristig wegen einer Dienstreise absagen müssen, steht aber gern für einen anderen Termin bereit.

Den Ertrag des Christentums für die Autoritätsverhältnisse unter Menschen sah Pfarrer Glatter vor allem in der Verankerung des Wertes der Gleichheit vor Gott, der sich trotz des Schindluders der Kirche(n) in der Geschichte durchsetze. Imam El-Seddiq hat über den Umgang Mohammeds mit Meinungsverschiedenheiten promoviert, besonders in jener Zeit, als der Prophet in Medina ein politisches Gemeinwesen aufbaute. Für ihn war die religiöse Toleranz Mohammed gegenüber den Juden und den Polytheisten zentral: „Es gibt keinen Zwang im Glauben“, zitierte er den etwa 10 Anwesenden den Koran.

In der anschließenden Diskussion klärte der Imam noch die Unterscheidung von arabischer Tradition und koranischer Überlieferung. Viele Vorurteile gegenüber dem Islam kämen zustande, indem man ihn mit arabischen Bräuchen gleichsetze, die der Koran ausdrücklich ablehne. Lebhaft wurde es noch einmal, als ein Gast behauptete, es sei unmöglich, Gott zu beleidigen. In unterschiedlichen Worten wurde ihm von verschiedener Seite beschieden, dass Gotteslästerung aber den Frieden zwischen den Konfessionen (einschließlich der Atheist*innen) gefährden könne. (Autor: Thomas Kilian)

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