Freundschaftsdelegationen reisten im Herbst 2019 zwischen Novi Sad, der mit an die 500 000 Einwohner*innen zweitgrößten Stadt Serbiens, und dem Soldiner Kiez. Zuerst zeigte das dortige Museum für moderne Kunst die Bilder von 14 Künstler*innen aus Berlin. Dann kamen vom 6. bis zum 13. November acht Kolleg*innen aus dem Norden des Balkanstaates in unseren Kiez. Im Katalog war von einer gewissen Ortslosigkeit der modernen Kunst die Rede. Bedeutend seien eher Netzwerke.
Jovan Balov, ein wesentlicher Mitorganisator auf der Berliner Seite, spricht gelegentlich von der „Heimatlosigkeit“ des/der modernen Künstler*in. Von daher war es nicht nur für die Kolonist*innen attraktiv, in einem anerkannten Museum auszustellen, sondern auch unsere Gäste genossen Berlin: Neben der Betreuung ihrer eigenen Ausstellungen in drei Projekträumen (Prima Center Berlin, Wolf & Galentz und Spor Klübü) erkundeten sie die Stadt: Freund*innen besuchen, Verbindungen herstellen und natürlich Museen durchstreifen.
Der Soldiner Kiez e.V. unterstützte die Kolonie Wedding durch die Organisation eines Rahmenprogramms mit dem Schwerpunkt Migration. Wir veranstalteten einen kleinen Empfang zum Kennenlernen der Beteiligten. Die Haci Bayram Moschee öffnete auf unser Bitten ihre Gebetsräume und erläuterte die Probleme ihrer Religion in einem Zuwanderungsland. Diana Schaal referierte (auf Englisch mit vielen Lichtbildern) über die Geschichte des Soldiner Kiezes: ein Zuwanderungsgebiet von Anfang an. Dafür, dass die Schwaben immer noch gelegentlich in den Gesundbrunnen ziehen, steht sie ja selbst, aber arme Schweizer sind seit dem 18. Jahrhundert seltener geworden. Gemeinsam mit dieser Veranstaltungsreihe unterstützte der Aktionsrat vom QM den Druck des Kataloges und von Flyern.
Eine Hand voll Spender*innen ermöglichte es, zumindest die Offiziellen vom Museum in Novi Sad standesgemäß unterzubringen. Clarissa Meier vom Hotel Big Mama hatte dafür einen Preisnachlass gewährt. Die anderen Gäste brachten wir privat unter. Für mich fiel trotzdem der erwartete evangelisch-orthodoxe Kulturaustausch aus, aber jetzt weiß ich, dass im nördlichen Serbien auch viele Lutheraner*innen leben. Dula Santa und ich hatten zwar viel zu wenig Zeit füreinander, aber wir haben unsere Gespräche genossen.
Dulas Kunst fällt wie vielleicht auch die von Rade Tepavcević durch eine gewisse, auch ironische Orientierung an der Pop Art auf. Monika Segeti und Ana Novaković beschäftigen sich in eher pastellenen Tönen mit weiblicher Identität. Radovan Jović malt dagegen hyperrealistisch, was Mileta Postić durch übertriebene, ja absurde Kontexte quasi steigert.
Die in Serbien gezeigte Auswahl der Kolonie Wedding hatte ihr Schwergewicht auf realistischen, aber irritierenden Darstellungen. Aber es finden sich auch Bilder, die etwa an Pollock erinnern, Graffiti aufnehmen oder mit minimalen Strichen Abstraktion herstellen. Kataloge der beiden Ausstellungen sind in beschränkter Zahl noch im Büro der Kolonie Wedding in der Soldiner Straße 92 zu bekommen. Das Büro ist zwar offiziell von Donnerstag bis Montag von 14.00 bis 22.00 Uhr geöffnet, aber bei ortslosen Künstler*innen weiß man nicht immer, wo sie sich befinden. Ich würde vorher unter 030/49 91 46 50 anrufen, bevor ich mich auf den Weg mache. (Autor: Thomas Kilian)