Das Gebäudeensemble der Koloniestraße 10 ist 1860 als Pferde-Fuhrpark mit Remisen, Werkstätten und Stellplätzen entstanden und 1884 um ein Wohnhaus an der Straße ergänzt worden. Die Nutzung hat sich in 160 Jahren von anfänglich pferdebezogenen Gewerken der Moderne angepasst, in der typischen Berliner Mischung von Wohnen und Kleingewerbe. In den letzten 30 Jahren entstand hier eine lebendige Hinterhofoase mit Werkstätten, Künstlerateliers und einer Tanzschule. Bis 2017 das Grundstück Koloniestraße 10 von den drei Schwestern der Erbengemeinschaft an die Zentrale Boden Immobiliengruppe ZBI verkauft wurde. Von ihr erhielten alle Gewerbemieter eine Kündigung.
Aber damit nicht genug. Der größte Teil des Hofes wurde in kürzester Zeit weiter verkauft an die Grundkontor Projekt GmbH, der bereits das Nebengrundstück Kolonie 11/12 gehört.
Dort entstand Campus Viva Berlin II – drei graue Betonblöcke mit über 300 möblierten Mikro-Apartments für studentisches Wohnen. Alle Apartments wurden als Eigentumswohnungen verkauft. „Campus Viva bietet seinen Anlegern begehrte, renditestarke Immobilien mit Rundum-sorglos Paket“ so steht es auf der Internetseite.
Mehr Mikro-Eigentumswohnungen mehr Rendite. Romeo Uhlmann, geschäftsführender Gesellschafter der Immobilienfirma, will seine Wohnblöcke auf die Kolonie 10 erweitern. Mit dem Verkauf der möblierten Apartments hat der Immobilienhai ein Geschäftsmodell gefunden. Denn sie unterliegen nicht der üblichen Mietbeschränkung. Das ganze alte Gebäudeensemble und die eigentlich unkündbaren Mieter*innen sind dabei im Wege.
Aber die Mieter*innen lassen sich die Lebensqualität nicht verderben. In den wärmeren Monaten wird die grüne Oase von Hoffesten, Flohmärkten, Lesungen, Musik und Tanz erfüllt. Eine aktive Gemeinschaft von Bewohner*innen, Nachbar*innen, Künstler*innen und Besucher*innen bringt Leben in den Hof.
Der ganze Block liegt in einem der Milieuschutzgebiete des Bezirks Mitte. Und ein lebendiges Milieu gilt es zu schützen! Der Bezirk hat eigentlich ein Vorkaufsrecht. Das sollte auch geltend gemacht werden. Aber da hatten die beiden Immobilienfirmen schon eine juristische Konstruktion gefunden, die den Bezirk ausbootete.
Seitdem begann für die Bewohner*innen eine unsägliche Odyssee durch die politischen und fachlichen Instanzen, um den Abriss zu verhindern. Unterstützung wurde zugesagt – wenig bis nichts ist passiert. Die Bewohner*innen befinden sich im Blindflug: Die beantragte Akteneinsicht – eigentlich ein Jedermannsrecht – haben sie bis heute nicht erhalten.
Das Landesdenkmalamt gab eine klare Empfehlung für den kommunalen Denkmalschutz ab: „Nach Auffassung des Landesdenkmalamtes Berlin ist im vorliegenden Fall das Instrument der Erhaltungsverordnung/-satzung anzuwenden, da das Objekt Koloniestraße 10 einen wichtigen Beitrag zur städtebaulichen Eigenart des Gebietes leistet.“
Die BVV Mitte fällte daraufhin den einstimmigen Beschluss, dass das Bezirksamt diese Erhaltungssatzung zu prüfen habe. Tatsächlich ist das Bezirksamt diesem Auftrag nicht nachgekommen.
Der Investor versucht zurzeit, eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung bei der Senatsverwaltung Umweltschutz zu erhalten, um mit Abrissarbeiten beginnen zu können.
Der Bezirk lässt verlautbaren, dass er alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um dem Investor Einhalt zu gebieten.
Die Bewohner*innen und Unterstützer*innen des Kulturhofs Kolonie 10 kapitulieren nicht!
Sie sehen noch Ansatzpunkte, den Investor zu stoppen. Zunächst mal rufen sie am Donnerstag, den 25. April, um 17 Uhr zu einer Kundgebung vor der nächsten Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Rathaus Mitte auf, Karl-Marx-Allee 31. Gleich beim U-Bahnhof Schillingstraße (U5).
Nach dem Besuch am 8. April gehören der Soldiner Kiez e.V. und die Genossenschaft Prinzenallee 58 zu den Unterstützern. (Autorin: Elfi Witten)