Talk im Kiez mit Jonny Herzberg: Als Sinto und Rom im Soldiner Kiez

Als wir noch das Forum Soldiner Kiez in der Siedlung des Vaterländischen Bauvereins hatten, haben wir unter dem Titel „Forum der Generationen“ öfters Diskussions-veranstaltungen über aktuelle Themen im Kiez mit eingeladenen Gästen angeboten.

Nun hatten Thomas Kilian und Stefan Höppe vom Vorstand die Idee, ein ähnliches Veranstaltungsformat neu einzuführen – den Talk im Kiez.

Jonny Herzberg

Das Gespräch mit einem eingeladenen Gast zu einem aktuellen Kiezthema wird außerdem aufgezeichnet und auf der Website unseres Medienpartners SoldinerKiezKurier eingestellt.

An abwechselnden Donnerstagabenden wird dabei Thomas Kilian Gäste zu gesellschaftspolitischen Kiezthemen und Stefan Höppe Gäste zu kulturellen Kiezthemen einladen. Beide übernehmen die Moderation ihrer jeweiligen „Talkshows“.

Im Soldiner Kiez leben viele Roma aus Bulgarien und Rumänien.

Unser erster Gast beim Talk im Kiez war daher am Donnerstag, 25. September 2017 der Sinto und Rom Jonny Herzberg.

Nach einer Begrüßung durch Thomas Kilian beantwortete Jonny Herzberg mit großer Bereitwilligkeit Fragen aus dem Publikum über seine Herkunft als Sinto und Rom und seine Familiengeschichte, die ja auch Bezüge zur deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts hat. Seine Familie lebte in Polen und wurde unter der Besetzung durch die Nazis in ein Ghetto für „Zigeuner“ gezwungen.

Außerdem sprach Jonny Herzberg über die Kultur der Roma und gab Beispiele für alte Traditionen dieses Volkes, das über die Jahrhunderte aus Indien über die Länder Osteuropas zu uns gekommen ist. So gibt es z.B. in Polen einen teils hochgeachteten Roma-König mit einer weithin akzeptierten Schiedsgerichtsbarkeit.

Ein wichtiger Bestandteil der Roma-Kultur ist die Musik, insbesondere Geige und Gitarre. Jonny Herzberg ist selbst ein erfolgreicher Gitarrist. Er tritt ebenso auf dem Panke Parcours auf, wie er für wohlhabende Roma Privatkonzerte gibt. Gelegentlich spielt er aber auch vor großem Publikum, etwa im Tempodrom.

Schon als 13-jähriger konnte er in Hamburg Erfahrungen für seine andere Berufung finden, nämlich Roma dabei zu unterstützen, in Deutschland ein normales Leben zu führen. Er engagiert sich aktiv im Verein Mingru Jipen e.V.: Hier werden Roma zum JobCenter begleitet, wird in Notfällen die Unterstützung durch das Jugendamts sichergestellt, werden Roma-Eltern von der Notwendigkeit überzeugt, dass ihre Kinder die Schule besuchen.

Roma-Kinder im Garten der Stephanus-Kirche. Foto: Mingu Jipen e.V.

Im Rahmen eines Projekts des Quartiersmanagements Soldiner Straße betreut Jonny Herzberg seit einem Jahr mehrmals in der Woche Roma-Kinder im Garten der Stephanus-Kirche, damit sie nicht mehr auf der Straße spielen müssen. Die Kinder nehmen dieses Angebot begeistert an. Auch die erwachsenen Roma geben ihre Zurückhaltung langsam auf und begrüßen Jonny Herzbergs Arbeit. Sie achten inzwischen darauf, dass die Straße vor dem Garten immer schön frei von Abfall ist.

Damit leistet Jonny Herzberg auch einen wichtigen Beitrag zum besseren Zusammenleben von Roma und Deutschen in der Soldiner Straße.

Musiker und Kulturmittler Jonny Herzberg versteht sich selbst ganz bewusst als Straßensozialarbeiter. „Es hat wenig Sinn, Roma zu irgendwelchen Veranstaltungen einzuladen. Man muss zu ihnen hingehen.“ sagt er. „Durch ihre Kultur haben Roma dort, wo sie wohnen, immer ihren speziellen Treffpunkt auf der Straße. Und im Soldiner Kiez ist das die Ecke an der Stephanus-Kirche.“

Wir wünschen Jonny Herzberg noch viel Erfolg bei seiner Arbeit!

Diana Schaal

 

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