Mediation zwischen Kiezverein und Kirche ohne Einigung

Der Soldiner Kiez e.V. ist in den letzten Jahren wiederholt auf die Kirchengemeinde an der Panke zugegangen. Ziel war eine Partnerschaft angesichts der anstehenden Nutzungserweiterung der sanierungsbedürftigen Stephanuskirche. Sie ist für uns eine Art Wahrzeichen in unserem Kiez. Die Kirche hatte sich in diesem Zusammenhang zu einer Öffnung zum Kiez bekannt, verstand diese aber als Möglichkeit zur Wahrnehmung von Zuarbeiten zu kirchengemeindlichen Veranstaltungen, nicht jedoch als Eröffnung von Mitarbeit in den Fragen der Erhaltung und Nutzung der Stephanuskirche. Gleichzeitig nahm die Kirchengemeinde die beanspruchten Führungsfunktionen nicht kompetent war, was der Kiezverein immer wieder kritisierte.

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Das Neueste von der Koloniestraße 10

Wir erwarten weitere Meldungen und Dokumente zum Versuch, auf dem Grundstück Koloniestraße 10 den ökologisch und historisch wertvollen Droschkenhof aus der Mitte des 19. Jahrhunderts abzureißen. Viele finden sich auch andernorts im Netz. Zu Ihrer Information richten wir daher eine Linkliste ein. Wir sortieren einfach nach Datum. Weitere Berichte unten.

Die Zerstörung eines geselligen Ortes im Kiez hat begonnen. Der Widerstand bleibt aktiv. Foto: K10 und Elfi Witten

Berliner Zeitung vom 23.1.2025: https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/verdraengung-in-wedding-exemplarisch-fuer-berlin-wie-viel-lassen-behoerden-einem-muenchner-investor-noch-durchgehen-li.2289004

Beschluss der BVV Mitte vom 23.1.2025: https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=12839

Meldung von Elfi Witten vom Unterstützerkreis Kulturhof Koloniestraße 10,
28.1.2025: „Der Abriss geht weiter und die Remisen sind stets gefährdet, „versehentlich“ beschädigt zu werden. Eine fotografische Doku der Abrissarbeit soll helfen.“ Sie fordert dazu auf, an Ort und Stelle Fotos zu machen. Außerdem appelliert sie an die Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remmlinger: „Lassen Sie es nicht zu, dass ein Investor mit Wildwest-Methoden alles erreichen kann!“ Remmlinger erwiderte am 3.2.2025: Sie tue, was sie könne. Antwort Witten am 5.2.2025: Warum werde dann nicht mit Zwangsgeldern gegen die Zerstörung von Wohnungen und Natur vorgegangen?

Meldungen und Dokumente vom 27.1.2025 finden sich auf der Website des Kulturhofes Koloniestraße 10: https://kolonie10.de/

Die NaturFreunde sammeln für die juristische Unterstützung des Kulturhofes Koloniestraße 10 über die Plattform betterplace Spenden. Dein Beitrag ist willkommen unter: https://www.betterplace.org/de/projects/148601?utm_campaign=user_share&utm_medium=ppp_sticky&utm_source=Link&utm_content=bp

NaturFreunde reichen am 29.1.2025 einen Eilantrag auf Baustopp beim Verwaltungsgericht ein: https://www.naturfreunde-berlin.de/naturfreunde-stellen-eilantrag-beim-verwaltungsgericht-abrisstopp-koloniestrasse-10 Dem Antrag wird am Freitag, den 7.2.2025 stattgegeben. Details in Kürze.

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Mit dem Bagger gegen Spatzen

Unsere Vereinsfreundin Elfi Witten hat heute, am 9. Januar 2025, folgenden Brief über den Vandalismus des Investors Romeo Uhlmann in der Koloniestraße 10 an die Bezirksbürgermeisterin und die zuständigen Stadträte geschrieben:

Lauschiges Zusammensein im Sommer. Die Garagen rechts werden nun ohne Rücksicht auf Heizung und Haustechnik fǘr die Mieter in den Häusern links plattgemacht. Bild: Kolonie10

Liebe Frau Remlinger, lieber Herr Spallek, sehr geehrter Herr Schriner und sehr geehrter Herr Gothe!

Als Unterstützerin der Koloniestrasse 10 wende ich mich erneut mit einem Hilferuf an Sie:

Die Abrissfirma Karamba Karacho reißt auf Geheiß des Eigentümervertreters alles nieder und hält sich an keinerlei Absprachen, die gestern früh stundenlang ausgehandelt wurden!

In der Eckhalle wurde ein Durchbruch vorgenommen, der erst erfolgen sollte, wenn die Haustechnik darin fachgerecht unterbrochen sein würde, Rohre, die mit der Heizung der Wohnungen verbunden sind.

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Im literarischen Express durch den Wedding

Was reißt uns Weddinger „vom Hocker“, wenn es um interessante Bücher zu den sich rasant auftürmenden Problemen in den Kiezen geht? Wer erkennt im Fluss des eigenen Alltags das bunte Leben der Menschen hier in seinen täglichen Tücken und Freuden? Wer meint, mit horrenden Mieten für klitzekleine Wohnbuden sei aufgrund der irren Konzentration von Immobilienkonzernen nur ein Gegenwarts-Problem angesprochen, der irrt gewaltig:

Viele Beteiligte, viele Gäste: Die zweite Lesung im Express durch den Wedding vom Soldiner Kiez e.V. Foto: Susanne Terhardt

Der historische Teil der vom Kiezverein Soldiner Straße organisierten Bücherlesung, befasste sich zum Beispiel mit Jonny Liesegangs Kiezgeschichte über den heftigen Streit einer Hauptmieterin mit einem „Schlafburschen“! Was waren das für Leute? Wegen der auch damals in den 20er/30er Jahren viel zu teuren Wohnungen mit viel zu wenigen Quadratmetern nahmen viele Mieter der ärmeren Viertel wie im Wedding sogenannte Schlafburschen in ihre Wohnung auf. Die konnten in der Zeit darin schlafen, in der die Mieter:Innen arbeiteten. Und Streitfälle, wie sie in dieser Kurzgeschichte sehr amüsant geschildert sind, waren da natürlich an der Tagesordnung. Eine Geschichte, die ein fulminantes Ende nimmt.

Im Puttensaal der Bibliothek am Luisenbad in der Badstr.39 fand am 20. September 2024 die zweite vom Soldiner Kiezverein veranstaltete und wieder von Renate Straetling komplett inhaltlich konzeptionierte, organisierte und moderierte Bücherlesung „Express durch den Wedding, die Fortsetzung!“ statt. Auch die erste Bücherlesung in der Schillerbibliothek im Oktober 2023 war bereits ein Erfolg in der lokalen literarisch interessierten Öffentlichkeit gewesen.

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120 Jahre Stephanuskirche – die Ausstellung

Die mit dem Soldiner Kiez e.V. eng verbundene Initiative Denkmal Stephanuskirche zeigt vom 27. September 2024 bis zum 12. Oktober 2024 die Ausstellung
zum 120. Bestehen der Stephanuskirche.

Die Schau wich in das Prima Center Berlin, Biesentaler Str. 24, 13359 Berlin bei uns hier im Soldiner Kiez aus, einem Projektraum der Kolonie Wedding.
Die Kirchengemeinde an der Panke, zu deren Zuständigkeit die Stephanuskirche gehört, stellte ihre Räumlichkeiten nicht zur Verfügung.

Ein stolzes Stück Berlin: Initiative Denkmal Stephanuskirche

Zur Ausstellung gibt es ein Begleit-programm mit einer Handvoll Vorträgen, einer feierlichen Eröffnung und einer Finissage. Details und die genauen Öffnungszeiten finden sich am Ende des Artikels.

Zunächst einiges, was die Stephanuskirche interessant macht.

Die Kirche verrät manches über ihre Entstehungszeit. Diese Vergangenheit zwischen religiösen Liberalismus einerseits, einem gewissen Autoritarismus andererseits und einer gewissen deutschtümelnden Auseinandersetzung mit dem östlichen Mittelmeerraum und seinem kulturellen Erbe ist vielleicht lebendiger als gedacht.

Die Verbindung zwischen Abendland und Mittelmeer kommt nicht zuletzt in den floralen Ornamenten zum Tragen. Ihre Reichhaltigkeit greift die Ausstellung umfänglich auf und stellt ihre religiöse sowie kulturelle Bedeutung dar. Humorvoll werden Bezüge zum Alltag hergestellt.

Wir sehen aber auch einen „Hauch von Schilda“ bei der Kirchengemeinde an der Panke. Diese Kritik erschien der Initiative unerlässlich im Zusammenhang mit der anstehenden Renovierung der Kirche. Insgesamt vermutet natürlich angesichts der Bauschäden und Verzögerungen niemand bösen Willen, sondern zunächst Überforderung. Andererseits hat die Kirchengemeinde an der Panke die Nachbarschaft fortlaufend schlecht informiert. Die Öffnung zur Nachbarschaft hat sich die Kirchengemeinde zwar immer wieder vorgenommen, aber bei Schwierigkeiten schnell wieder aufgesteckt und sich mit sich selbst begnügt.

Das sogenannte Bildprogramm der Stephanuskirche mit ihren frommen Männern als Statuen oder auf den Bildern im Chor ist für die Initiative keine wahllose Ansammlung, sondern zieht eine Linie von Jesus und seinen Jüngern bis zu Friedrich Schleiermacher. Der prominente Theologe um das Jahr 1800 und später wird gelegentlich als Kirchenvater des 19. Jahrhunderts bezeichnet. Er war bei der Vereinigung von Lutheraner:innen und Reformierten in Preußen im Jahr 1817 beteiligt. Die Bildwerke sollen eine Geistesgeschichte aus Bibeltreue und -lektüre, Sozialarbeit sowie fürstlicher Herrschaft in den Dienst einer wieder zu erweckenden Frömmigkeit im Sinne der Hohenzollern nehmen.

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Prozess gegen Milieuschutz: Urteil pro Koloniestraße 10

Trotz Regen ist die Stimmung gut bei der Kundgebung in der Hardenbergstraße vor dem Oberverwaltungsgericht am 27 Juni. Rund 30 Unterstützer*innen des Kulturhofs Koloniestraße 10 haben sich mit Plakaten und Megafon vor dem Gericht aufgebaut, die Berliner Abendschau ist mit der Kamera dabei. Die Naturfreunde Berlin und viele engagierte Anwohner*innen und Nachbarprojekte haben sich versammelt um dem Kulturhof Rückhalt zu geben. Um 12 Uhr soll der Prozess gegen den Milieuschutz Reinickendorfer Straße starten – der neuste Coup aus dem Krimi um die Koloniestraße 10.

Abrissverbot wegen Milieuschutz
Mit dem Kopf durch die Wand will Romeo Uhlmann, der geschäftsführende Gesellschafter der Grundprojekt GmbH und Bauherr des Campus Viva, um auf jeden Fall den Abriss des Kulturhofs Koloniestraße 10 zu erreichen. Auf einem Teilareal sollen hier zwei weitere Blöcke mit 130 Eigentumswohnungen in Form möblierter Mikro-Apartments entstehen. An die 270 Mikro-Eigentumswohnungen außerhalb der Mietpreisbremse gibt es schon auf dem Nachbargrundstück. Die Rendite lockt.
Allerdings hat der Bezirk unlängst den Abriss des historischen Gebäudeensembles untersagt – mit Verweis auf das Milieuschutzgebiet Reinickendorfer Straße, in dem die Koloniestraße 10 liegt.
Aus diesem Grund will der Investor den Milieuschutz aus den Angeln heben – mit Hilfe eines Normenkontrollverfahrens beim Oberverwaltungsgericht. Und keiner weiß so recht, was dabei herauskommen wird…

Widerständige Spatzen nehmen vor dem Gericht Aufstellung. Foto: Witten

Der Prozess…
Um kurz vor 12 passieren die Kundgebungsteilnehmer*innen, Abendschau und Medienvertreter*innen die Kontrollen im Gericht und begeben sich in den Plenarsaal. Fast zwei Stunden befasst sich das 5-köpfige Richterkollegium mit den Anwürfen des Klägers in Person eines Rechtsanwaltes. Er versucht, dem Bezirk formale Fehler bei der Festlegung des Milieuschutzgebietes nachzuweisen. Fast zwei Stunden wird über die Sozialstudie diskutiert, die 2018 zur räumlichen Festlegung und inhaltlichen Begründung von vier Milieuschutzgebieten im Wedding und in Gesundbrunnen – darunter neben der Reinickendorfer Straße auch der Soldiner Kiez – vom Bezirk beauftragt worden war. Die Stadtentwicklungsgesellschaft S.T .E R.N., die arbeitsgruppe gemeinwesenarbeit und stadtteilplanung argus gmbh hatten sie vorgelegt. Ein Vertreter von argus erläutert jetzt sehr eloquent, warum zum Beispiel die Stichprobe der Haushaltsbefragung nicht zu klein und durchaus repräsentativ ist. Auch die Bezirksmitarbeiterin für das Milieuschutzgebiet bezieht überzeugend Stellung. Nach dem Ende der Verhandlung folgen einige bange Stunden, bis die Entscheidung des Gerichts über eine Pressemitteilung bekannt gegeben wird:

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Kiezverein bleibt sich treu

Der Soldiner Kiez e.V. ist für seinen Umgang mit den vereinsrechtlichen Formalia für seine Mischung aus Lässigkeit und Korrektheit bekannt. Von daher sind unsere Mitgliederversammlungen ohne große Dramatik. So auch das nun etwas zurückliegende Treffen Ende Mai. Wie eigentlich immer konnten wir verkünden, dass wir eine Menge auf die Beine stellen, ohne dass deshalb große Summen flössen. Nachzulesen ist das im auf dieser Website hinterlegten Jahresbericht für 2023. Den Finanzbericht kann man bei dem Kassenwart Thomas Kilian unter thomas.kilian66@googlemail.com bestellen.

Neu-Vorstand Matthias Neumann im Simulator – und in seinem Element. Foto: privat

Das wichtigste Ereignis des Jahres 2023 war der Tod unseres Vorstandskollegen Thomas Brauckmann, der sein Ohr immer am Kiez hatte. Von daher ist er einfach unersetzlich. Unsere Satzung sieht mindestens drei Vorstandskolleg:innen vor. Das waren dann Diana Schaal, Stefan Höppe und Thomas Kilian. Sie wurden auf der Mitgliederversammlung in ihrer Funktion bestätigt. Vereinsintern haben wir uns darauf festgelegt, nach Möglichkeit mindestens vier Vorstandsposten zu besetzen. Es kann ja immer jemand ausfallen, auch wenn wir keinen so tragischen Abgang wie bei Thomas Brauckmann erwartet hatten. So freuen wir uns, dass sich Matthias Neumann als der Vierte im Bund zur Verfügung stellte. Auch er wurde wie die anderen Vorstandsmitglieder einstimmig gewählt.

Matthias kennen wir schon seit Jahren. Er hatte unter unserem Dach ein Repair-Café betrieben. Der Ingenieur bastelt am liebsten für und mit Kindern (https://www.LaborNeumann.de/). Sein technisches Spielzeug von der magischen Murmelbahn über lebendige Bilder bis zum Fahrsimulator (Die Haare fliegen! Das sind 100 Stundenkilometer! Halt dich ja fest!) soll Spaß machen und die Kleinen an Naturwissenschaft und Technik heranführen. Ansonsten kann er auch mal eine Buchhaltung machen und gelegentlich stundenlang diskutieren. Er ist eine Bereicherung, mit der wir unseren Kurs gut fortsetzen können. Von daher vermelden wir hier zwar die nötigen Neuigkeiten, aber sie sind im Vergleich zu den Ereignissen im letzten Jahr tatsächlich ohne besondere Dramatik. Aber vielleicht freut es, wenn wir sagen können: Wir bleiben uns auf jeden Fall treu!

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Kreativ-Workshop zur Stephanuskirche am 29.6.24

Hoch ragt der Turm der Stephanuskirche in den Himmel über dem Soldiner Kiez. Foto: Diana Schaal

Die Stephanuskirche ist mit ihrem 76 Meter hohen Turm so etwas wie ein Wahrzeichen des Soldiner Kiezes. In den letzten Jahren fielen Bauschäden und Sicherungs-maßnahmen auf. Abseits der Öffentlichkeit denkt der Gemeindekirchenrat über eine neue Nutzung der Kirche und des Grundstückes (einschließlich der Kita) nach.

Das ist nicht nur eine Frage für Städtebau und Denkmalschutz, sondern auch für die Nachbarschaft und damit für den Soldiner Kiez e.V.: Kann die Kirche eine „Kulturkirche“ werden oder ein Ort des interreligiösen Dialogs? Könnte der Kirchengarten zu einem Kieztreffpunkt werden?

Dazu veranstalten wir einen Kreativ-Workshop am Samstag, den 29.06.2024. Von 10.00 bis 14.30 Uhr gestalten wir nach einer kurzen Einführung Plakate und Modelle zur Zukunft der Kirche. Mittags gibt es einen Imbiss.
Ort: Alte Werkstatt in der Fabrik Osloer Straße, Osloer Str. 12, EG, 1. Hof.

Zur Vorbereitung gibt es eine Woche vorher, am 22.06.2024, um 10.00 Uhr eine Führung zur Stephanuskirche und dem Grundstück. Treffpunkt: Vor der Kirche, Prinzenallee 39/40. Die Teilnahme an der Führung ist keine Voraussetzung für die Teilnahme am Workshop.

Die Veranstaltungen sind kostenlos. Wir freuen uns, wenn Ihr Euch anmeldet, damit wir besser planen können: Soldiner Kiez e.V./Initiative Denkmalschutz Stephanuskirche,
c/o Thomas Kilian, Biesentaler Str. 14, 13359 Berlin, thomas.kilian66@googlemail.com

Das Programm für den Workshop kann hier heruntergeladen werden:

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Wenn die Spatzen auf den Investor pfeifen…

Im Grün nisten die Spatzen. Bild: Kolonie10


Am 8. April schlendert eine kleine Gruppe von Besucher*innen aus dem Soldiner Kiez e.V. und der Genossenschaft Prinzenallee 58 in den Hof der Koloniestraße 10. Sie sind eingeladen von den Bewohner*innen der vier Remisen, die sich links im Hof befinden.
Ein feiner Duft aus einer blühenden Hecke steigt in die Nase. Das Auge folgt den sattgrünen Hecken, die links und rechts in den 120 Meter langen Hof wachsen. Die Fassaden der Remisen, Werkstätten und Stellplätze sind mit Rankpflanzen und Spalierobst begrünt. Eine Pergola im hinteren Hofbereich ist dicht mit Wein überwachsen. Der asphaltierte Boden ist in kurzen Abständen von Bodengittern durchquert, in denen robustes Grün wuchert. Hier fließt Regenwasser in den Boden, das den Grundwasserspiegel nährt. “Unser Hof ist von der Berliner Regenwasseragentur der Senatsverwaltung Umweltschutz als Schwammstadt-Projekt anerkannt worden und in die Datenbank der Berliner Schwammstadtprojekte aufgenommen worden “ erläutert Remisenbewohner und Landschaftsgärtner Jean Sommer stolz. Entstanden ist dieser urbane Garten bereits in den 1990er Jahren, gefördert mit 90.000 DM aus einem Hofbegrünungsprogramm.

Die grüne Idylle lebt. Spatzen lärmen und ein Eichhörnchen flitzt die Remisenwand empor.
Der Kulturhof Kolonie 10 ist ein Hotspot für Biodiversität. Ein artenschutzrechtliches Gutachten von 2020 und 2023 zählt viele verschiedene Vogelarten und Fledermäuse auf. Es sind Gebäude-und Höhlenbrüter, die ihre Ruhe- und Fortpflanzungsstätten standorttreu nutzen. Sie sind ganzjährig vom Bundesnaturschutzgesetz und der EU-Vogelschutzrichtlinie besonders geschützt. Damit haben die Tiere den Kulturhof Kolonie 10 schon einmal vor illegalem Abriss geschützt, erfahren die Besucher*innen. Denn die Idylle ist bedroht.

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Aus`m Wedding für den Wedding

Manchmal liegt eine Idee so sehr nahe, dass der Groschen dennoch nicht fällt, oder man sie nicht greifen kann. Aber Ideen kommen auch über einen, und so geschah es Renate Straetling, die im Mai dieses Jahres die Eingebung zu der Bücherlesung „Express durch den Wedding in einer literarischen Lesung“ aufgriff.

Sie selbst lebt seit 2007 im Wedding und hat den Stadtteil mehr und mehr lieben gelernt, ob der Vielfalt, ob der Lebendigkeit und Ernsthaftigkeit fast aller Menschen in unseren Kiezen.

Grafik für die Lesung: Silvia Nettekoven

Nach etlichen Lektüren von humorigen und selbstironischen Wedding-Literaturen über das Besondere und das Traditionelle im Wedding, allen voran den Kurzgeschichten der Brauseboys, kamen ihr – heureka!- drängende Ahnung und Impuls für eine Zusammenstellung einer Menge an Texten über unsere so typische städtische und originelle Heimat mit fast 182.000 Einwohner*innen in Wedding und Gesundbrunnen.Im Laufe der Monate entwickelte sie ein umfassendes Konzept für eine fast 2,5-stündige Lesung, die dann als erste dieser Serie in der Schiller-Bibliothek, die zentral zwischen vier markanten Berliner Kiezen im nördlichen Bezirk Mitte – Antonkiez, Sprengelkiez, Brüsseler Kiez und Malplaquetkiez – angesiedelt ist, zu planen und im Laufe der Monate mit Hilfe von sage und schreibe 382 E-Mail-Korrespondenzen nebst weiteren Meetings und Telefonaten zu organisieren: Urheberrechte, Gebührenzahlungen, ein Logo für die Serie hat sie erfunden, Vorleser*innen gewinnen, Textauswahl, Timing, Flyer und Plakate drucken und verteilen, Pressearbeit, Blumensträuße, Reservierung des Event-Ortes und und. Aber das zu tun, ist durchaus bekannt unter den Aktiven im Stadtteil.

Das Wesentliche ist natürlich die Literaturauswahl! Ein Berg Bücher wurde von ihr gekauft und gesichtet, und nachdem eine interessante Auswahl vorlag, musste man die Textstellen wegen einer zweistündigen Veranstaltung auf gut konsumierbare 12 bis 15 Minuten Vorlesezeit einrichten.

Die Bücherlesung begann im Saal der Schiller-Bibliothek in der Taghelle und schloss abends etwa um 19:30 ab, als die Stehleuchten draußen im Lesegarten in ihren schönen Pastellfarben strahlten. Es wurden gegeben im ersten Teil der Lesung Texte aus dem Wedding, die dem 20. Jahrhundert zuzuordnen sind. Hierzu gehörten vor allem der Mundartdichter Jonny Liesegang und der große Hans Fallada, dem eine besondere Rolle für den Wedding mit seinem 700-seitigen weltberühmten Roman „Jeder stirbt für sich allein“ zukommt, den er kurz vor seinem frühen Tod verfasst hatte.

Vorleser Thomas Kilian und Moderatorin Renate Straetling. Foto: Susanne Terhardt

Und vor allem Jonny Liesegang, ein Schriftsteller und Illustrator, der sein gesamtes Leben im Wedding verbrachte, wurde von Frank Sorge, einem der Schriftstellergruppe der Brauseboys, auf Berlinerisch vorgelesen. Denn Frank Sorge ist geborener Moabiter, und man konnte nur hoffen, dass die Zuschauer*innen so viel Mundart noch verstehen. Eine Kurzgeschichte, die die Aufgeregtheit der alten Berliner so richtig doll dramatisiert und mit keiner menschlichen Pointe spart!

Weitere Beiträge schilderten das Berliner Leben anders gearteteter Zeiten während der Wirtschaftskrise Ende der 1920er/Anfang 1930er Jahren und zudem der späteren Mauerzeit mit der Teilung der Stadt Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg.

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